Chance auf menschenwürdige Arbeit

Von Ascom MDR und Elisa Malta

Wegen seiner paradiesischen Strände ein von vielen Touristen aus ganz Brasilien gewähltes Reiseziel, betrieb die Stadt Itacaré im Bundesstaat Bahia über 30 Jahre lang eine Mülldeponie unter freiem Himmel, die in starkem Gegensatz zu den Schönheiten des Ortes stand. Durch ihre Lage mitten im Atlantischen Regenwald in keiner Weise für Abfallentsorgung geeignet, empfing die über fünf Hektar große Deponie Itacaré täglich etwa 30 Tonnen unbehandelten Müll. Die Anlage bedrohte die Artenvielfalt, die öffentliche Gesundheit und den lokalen Tourismus und führte zu Gewässerverschmutzung, Abholzung des Regenwaldes, erhöhter Emission von Treibhausgasen und Erosion.

Vor Ort gingen 22 Wertstoffsammler und ihre Familien unter unangemessenen Arbeitsbedingungen ihrem Lebensunterhalt nach, indem sie mitten auf der Deponie Wertstoffe sammelten. Adriana Santos, die seit ihrer Kindheit als Wertstoffsammlerin arbeitet, kennt diese Realität, die damit verbundenen Schwierigkeiten, die stetigen Gesundheitsgefahren und auch die Vorurteile der Gesellschaft nur zu gut. „Manchmal sind wir krank, aber auch dann müssen wir weiterarbeiten, bei Sonne wie bei Regen. Wir werden sehr verachtet, weil wir auf der Müllhalde arbeiten“, sagt sie. Auf der Müllhalde lernte sie ihren Ehemann José Emerson de Carvalho kennen. De Carvalho ist seit 23 Jahren Wertstoffsammler sowie Vorsitzender der Associação Vitória de Catadores de Recicláveis de Itacaré („Vereinigung Sieg der Wertstoffsammler von Itacaré“). Das Ehepaar gehört mit seinen Kindern zu den Familien, die die Schließung der Deponie begrüßt haben.

Die Deponie wurde im August 2022 als erste mitten im Atlantischen Regenwald errichtete Anlage nach der Verabschiedung des Novo Marco Legal do Saneamento, des „Neuen Ver- und Entsorgungsgesetzbuches“ geschlossen. Das Gesetz sieht die Stilllegung von insgesamt 3000 über das ganze Land verteilten, nicht für die Endlagerung von Abfällen geeigneten Standorten vor. Die Schließung der Deponie Itacaré wurde vom Ministério do Desenvolvimento Regional (MDR, „Ministerium für regionale Entwicklung“) und der GIZ Brasilien unterstützt. „Entlang der brasilianischen Küste gibt es eine Unzahl von Mülldeponien unter freiem Himmel. Mit dem Projekt zur Schließung dieser Anlagen treiben wir die Entgiftung der Meere in den betroffenen Regionen voran“, erklärt der Staatssekretär für Ver- und Entsorgung im MDR, Pedro Maranhão.

Um die Schließung der Deponie Itacaré zu ermöglichen und die festen Abfälle zukünftig einer angemessenen Behandlung zuführen zu können, wurden technische Untersuchungen, Schulungen und Seminare durchgeführt sowie die Öffentlichkeit sensibilisiert. Die Aktionen begannen 2021 und wurden ab 2022 vom Projekt ProteGEEr unterstützt. „Eine Deponie zu schließen bedeutet, über integrierte und nachhaltige Lösungen für die Abfallbehandlung nachzudenken, und dies kann nur mit politischem Willen, Engagement, technischer Unterstützung und dem Zusammenschluss vieler Personen erfolgen. Für die Zukunft gilt es, die Mülltrennung auszuweiten und das System finanziell nachhaltig zu gestalten“, hebt Projektleiterin Hélinah Cardoso hervor.

Die Verbesserung der sanitären Bedingungen trägt dazu bei, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, natürliche Ressourcen zu erhalten, ökologische Geschäftsaktivitäten zu entwickeln sowie Arbeitsplätze und Einkommen zu schaffen. Parallel zur Schließung der Deponie wurden sowohl ein Abfallsortierzentrum als auch ein Öko-Geschäftszentrum eröffnet. Die Abfallsortieranlage, in der 25 Familien unter nun weitaus besseren Bedingungen arbeiten können, verfügt über Maschinen zur Wiederverwertung entsorgter Materialien, eine Digitalwaage und einen Glaszerkleinerer.

„Wir werden eine menschenwürdige Arbeit haben, mit einer gut ausgestatteten Halle. Das freut nicht nur mich, sondern uns alle“, berichtet de Carvalho. Hier liegen auch Chancen auf eine gerechtere Zukunft für die nachfolgenden Generationen: „Ich wollte nie, dass meine Kinder im Müll arbeiten, ich wollte immer das Beste für sie. Jetzt wird sich einiges ändern, für alle wird es viel besser“, freut sich Mutter Santos.

Projekt: Apoio à implementação da Política Nacional de Resíduos Sólidos considerando a proteção climática (ProteGEEr, „Unterstützung zur Umsetzung der nationalen Festabfallpolitik unter Berücksichtigung des Klimaschutzes“)
Partner: Ministério do Desenvolvimento Regional (MDR, „Ministerium für regionale Entwicklung“)
Förderung: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Reaktorsicherheit und Verbraucherschutz (BMUV)

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