Naturbasierte Lösungen garantieren Ver- und Entsorgung für die Bevölkerung von Amajari im Bundesstaat Roraima

Von Andréa Mesquita

Es musste nur regnen, und erneut begannen die Schwierigkeiten in Amajari, im Norden Roraimas. Wie üblich gab es wieder Pfützen, Schlamm und sumpfiges Land, was die Menschen in ihrer Bewegungsfreiheit einschränkte und das Abfließen der Wassermassen behinderte. Das Gelände ist flach, und infolge der häufigen und ergiebigen Regenfälle in dieser Region auch sumpfig. Obendrein verschärft sich die Lage jedes Mal, wenn die Sammelgruben aufgrund der Sättigung des Bodens überlaufen. Ein wahrhaftiger Albtraum, da die Stadt keine Kanalisation hat.

Diese Wirklichkeit ist jedoch dabei, sich für die etwas mehr als 13.000 Einwohner der an Venezuela grenzenden Kleinstadt zu ändern.

Mit Hilfe des Projeto de Apoio à Agenda Nacional de Desenvolvimento Urbano Sustentável no Brasil (ANDUS, „Projekt zur Unterstützung der Nationalen Agenda für nachhaltige Stadtentwicklung in Brasilien“) wurden naturbasierte Lösungen (NbLs) entwickelt, um die Grundstücke zu entwässern und der Stadt einen wirtschaftlichen und nachhaltigen Ausweg für die Abwasserentsorgung aufzuzeigen.

Amajari hat sich in diesem Zusammenhang für drei NbLs entschieden: einen Klärtank, drei Regengärten (beide am Sitz der Stadtverwaltung) und eine Kompostierungsanlage in einer städtischen Schule im Stadtteil Vila do Tepequém.

Für Núbia Lima, der Bürgermeisterin von Amajari, „wird dieses Projekt nicht nur in der Stadtverwaltung, sondern auch in unserer städtischen Schule und in unseren Amtsgebäuden umgesetzt; dies wird ein wichtiger Schritt dafür sein, dass die gesamte Stadt in ihren Wohnhäusern Klärtanks einführt“.

Die Regengärten auf dem Gelände der Stadtverwaltung wurden eingerichtet, da die Niederschläge das Regenwasserabflusssystem des Gebäudes immer wieder überlasteten und infolgedessen das Gelände überfluteten. Im Durchschnitt wird das Gebäude der Stadtverwaltung täglich von etwa fünfzig Personen benutzt, die nun direkt oder indirekt von der Maßnahme profitieren.

Auf der Suche nach Lösungen

Im Rahmen einer Partnerschaft mit der Regierung des Bundesstaates, dem Instituto Federal de Educação, Ciência e Tecnologia de Roraima (IFRR, „Bundesinstitut für Bildung, Wissenschaft und Technologie von Roraima“) – das auch mit einem Campus in Amajari vertreten ist –, den Universitäten in Roraima in Trägerschaft des Bundes und des Bundesstaates, der Fundação Nacional de Saúde (Funasa, „Nationale Gesundheitsstiftung“) und der Fundação Municipal de Turismo („Städtische Tourismusstiftung“), stellte das ANDUS-Team Beratung und Schulungen bereit, in denen die Menschen dahin gehend unterwiesen wurden, sowohl in öffentlichen Bereichen und Einrichtungen als auch in den Wohnvierteln auf Klärtanks umzustellen, um damit die Anzahl der bestehenden Sammelgruben zu verringern.

In Brasilien haben vier von zehn Städten keine Kanalisation. Amajari bestätigt diese Statistik. Etwa 39,7 % der brasilianischen Städte verfügen laut Daten der Pesquisa Nacional de Saneamento Básico (PNSB, „Nationale Ver- und Entsorgungsstudie“), die vom Instituto Brasileiro de Geografia e Estatística (IBGE, „Brasilianisches Institut für Geografie und Statistik“) erstellt wurde, über keine Ver- und Entsorgungseinrichtungen. Darüber hinaus zeigt die Studie auf, dass die Ver- und Entsorgungseinrichtungen ungleichmäßig über die fünf großen, zu Statistikzwecken geschaffenen Regionen des Landes verteilt sind. Während in der Region Südosten seit 1989 mehr als 90 % der Städte über diese Einrichtungen verfügen, waren es im Norden im Jahre 2017 erst 16,2 %.

„Heute haben wir eine Abwasserlösung, die den Familien wie schon zuvor individuell Nutzen bringt, aber nun auch Nachhaltigkeit gewährleistet. Die Menschen der Stadt verstehen jetzt, dass es eine Lösung gibt; gleichzeitig studiert die Stadtverwaltung zusammen mit ihren Partnern, wie dies mittels eines tragfähigen und innovativen Pilotprojekts in öffentliche Politik umgesetzt werden kann, was der Realität in Amajari, welche der Realität verschiedener anderer Städte in Roraima entspricht, als Entwicklungsmodell dient“, sagt Cristiane Hellen Sousa, technische Beraterin der Stadtverwaltung von Amajari.

Der Klärtank oder „Bananenbaumtank“ ist ein geschlossenes System zur Behandlung von Schwarzwasser – wie das in Toiletten anfallende Schmutzwasser genannt wird. Dieses System erzeugt kein Abwasser und verhindert somit eine Verunreinigung des Bodens, der Oberflächengewässer und des Grundwassers. In diesem System werden menschliche Abfälle in Nährstoffe für Pflanzen umgewandelt; das Wasser verlässt das System nur durch Verdunstung und ist daher völlig rein.

Die Umstellung

Mit einem herkömmlichen Abwassersystem sind die meisten Städte nicht in der Lage, ihre Abfälle ordnungsgemäß zu behandeln, was die Ver- und Entsorgung kostspielig macht und keine wirkliche Lösung des Problems darstellt.

„Die Leute kommen zur Stadtverwaltung, um sich über unser Tankmodell zu informieren und sich die gepflanzten und bereits produzierenden Bananenbäume anzusehen; dabei erklären wir ihnen, wie das System eingerichtet wird und funktioniert. Wir betreiben viel Werbung für das Projekt, damit die Menschen es in ihren Wohnvierteln zu geringeren Kosten umsetzen können“, erklärt Beraterin Sousa.

Ihr zufolge „ist die erste Auswirkung dieser Lösungen die Innovation. Die ganze Stadt sowie verschiedene Wissenschaftler des Instituto Federal de Roraima, die mit uns an dem Prozess beteiligt waren, wurden auf eine Technologie aufmerksam, die bis dahin nicht zur Realität in Roraima gehörte. Zwar war der Kompostierungsprozess bereits bekannt und wird auch vielerorts angewandt; dagegen handelte es sich bei den Regengärten und den Klärtanks wirklich um Innovationen, die nun in der Stadt bekannt werden.“

Heute ist die Politik der Stadtverwaltung von Amajari auf naturbasierte Lösungen (NbLs) und die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) ausgerichtet. „Wir versuchen, die Diskussion der SDGs der Agenda 2030 in den Planungsprozess einzubringen, und wissen, dass wir in Bezug auf Schulungen, Sensibilisierung der öffentlichen Bediensteten und der Einwohner im Allgemeinen sowie der Führungskräfte und sonstigen Partner noch einen langen Weg zur Vorbereitung des Pilotprojekts vor uns haben“, sagt Sousa.

Antônio Zayek, Mentor des ANDUS-Projekts und verantwortlich für die Beratung, freut sich: „Wir haben der Umweltintelligenz der Stadt einen Weg geebnet und die öffentlichen Bediensteten sowie die Menschen allgemein insofern gestärkt, dass sie nun ihre Abwasserprobleme auf der Grundlage des Verständnisses des Ökosystems, in dem sie eingebettet sind, lösen können. Das ist wirklich ein Meilenstein!“

Mit der Verabschiedung der entsprechenden städtischen Gesetzgebung zur Finanzierung dieser Verbesserung in den Häusern der Familien wird es möglich sein, Wege zu finden, um Mittel für die Klärtanks aufzubringen.

Zustimmung

Alto Alegre, eine Nachbarstadt mit etwas über 15.000 Einwohnern, weist eine ähnliche Struktur auf und leidet unter den gleichen Ver- und Entsorgungsproblemen wie Amajari. Um diese Probleme anzugehen, wurde mit Unterstützung des ANDUS-Projekts im Centro Terapêutico Recanto de Davi (CTRD, „Therapeutisches Zentrum Recanto de Davi“) ein Klärtank gebaut. Das CTRD ist eine philanthropische Einrichtung in Roraima, die sich bereits seit fünf Jahren um die Betreuung von Suchtkranken und ihre soziale Eingliederung kümmert.

Wanderley Maia, Beauftragter für Baumaßnahmen, erzählt, dass er jeden Monat etwa tausend Real zur Leerung der im Recanto de Davi bestehenden, etwa fünfzig Personen dienenden Sammelgrube aufzuwenden hatte. „Heute haben wir einen Klärtank und Bananenbäume, die bereits produzieren. Es war ein Segen, in dieses Projekt eingebunden worden zu sein! Wohin ich auch gehe, mache ich Werbung für dieses tolle Projekt“, freut sich Maia.

Zwölf Städte aus allen Regionen Brasiliens und ein Konsortium aus elf Städten des Bundesstaates São Paulo haben zusammen ein Beratungs- und Schulungsprogramm in nachhaltiger Stadtentwicklung wie in Amajari gestartet.

Das ANDUS-Projekt ist eine gemeinsame Initiative des Ministério das Cidades (MCid, „Ministerium für Städte“), des Ministério do Meio Ambiente e Mudança do Clima (MMA, „Ministerium für Umwelt und Klimawandel“) und der deutschen Bundesregierung zur Unterstützung der Stadtplanung in brasilianischen Städten und Gemeinden durch die GIZ Brasilien.

Weiterführende Informationen finden Sie auf der ANDUS-Projektwebsite.

Projekt: Projeto de Apoio à Agenda Nacional de Desenvolvimento Urbano Sustentável no Brasil (ANDUS, „Projekt zur Unterstützung der Nationalen Agenda für nachhaltige Stadtentwicklung in Brasilien“)
Partner: Ministério das Cidades (MCid, „Ministerium für Städte“), Ministério do Meio Ambiente e Mudança do Clima (MMA, „Ministerium für Umwelt und Klimawandel“)
Förderung: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimapolitik (BMWK) im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI)

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